Werkstattbericht aus Teilprojekt 8: Digitale Visualität raumbezogener Konflikte

Geographieunterricht wird oft mit Karten assoziiert. Wenn es um die Visualisierung und die Arbeit mit visuellen Daten geht, denken die Wenigsten sofort an die Einbindung von Bildern.

In diesem Teilprojekt plädieren wir dafür, dass der Einsatz von Bildern aber ein Mehr an Erkenntnissen bringen kann und ein qualitativ, kunstwissenschaftlich sowie phänomenologisch-hermeneutisch geprägter Ansatz interessante Perspektiven eröffnet. Ein phänomenologisch-hermeneutischer Blick auf digitale Bilder ermöglicht Forschenden, Lehrenden und Lernenden neue Einsichten, die oft durch konventionelle Methoden verstellt bleiben.

Teilprojekt 8 fokussiert deshalb unter der Überschrift „digitale Visualität raumbezogener Konflikte“ die Arbeit mit visuellen Daten (hier im Speziellen mit Bildern) im Geographieunterricht. Vereinfachend könnte man sagen, Teilprojekt 8 untersucht, wie digitale Bilder im Geographieunterricht eingesetzt werden können und entwickelt dazu eine Fortbildung für Lehrkräfte. Wie bei den anderen inhaltlich arbeitenden Teilprojekten im ReTransfer-Verbund begannen wir dazu mit einer Curriculumsanalyse unseres Bundeslandes, anschließend konzipierten wir eine Fortbildung , führten diese durch, passten sie auf Basis von Begleitforschung an  und haben nun schon einzelne Ergebnisse zur Publikation vorbereitet.

1 Analyse curricularer Dokumente Thüringen

Die von Teilprojekt 2 angeleitete Curriculumsanalyse sollte eine Grundlage dafür legen, dass die Fortbildungen auch in den anderen (im Projekt arbeitenden) Bundesländern fachspezifisch relevant und anschlussfähig sind.

Bei der Analyse fiel zudem ins Auge, dass die curricularen Dokumente in unserem Bundesland viel Spielraum für das Einbinden digitaler Medien im Unterricht lassen oder es nur auf einer Metaebene fordern, ohne diese Forderung konkret auszugestalten. Mit diesem Angebot soll eine Idee dafür entwickelt und an konkreten Beispielen erarbeitet werden, wie Lehrende der Geographie mit digitalen Bildern umgehen können.

2 Konzeption der Fortbildung „Digitale Bilder im Geographieunterricht“

Die Zusammenarbeit mit freiwilligen Lehrkräften zur Erarbeitung des Fortbildungskonzeptes und Bewerbung der Fortbildung hat 2023 begonnen und wurde Anfang 2024 abgeschlossen. Mit der Einbindung der Lehrkräfte haben wir sichergestellt, dass das Angebot für Lehrkräfte im Schuldienst zielorientiert und ansprechend gestaltet sowie der Bezug zur Berufspraxis gewährleistet ist.

3 Akkreditierungsverfahren und Bewerbung Thüringen, Hessen, Sachsen

Die so entwickelte Fortbildung wurde bzw. wird noch durch die Landesinstitute den teilnehmenden Bundesländern akkreditiert. Die Verfahren zur Akkreditierung sind standardisiert, damit teilweise langwierig und noch nicht in allen Bundesländern abgeschlossen. Das Gleiche gilt für die Bewerbung der Fortbildung in den assoziierten Portalen für Lehrkräfte.

4 Kurzvorstellung der Fortbildung „Digitale Bilder im Geographieunterricht“:

Die entwickelte Lehrkräftefortbildung fokussiert digitale Bilder. In der zunehmend digitalisierten Welt von Schülerinnen und Schülern sowie Lehrerinnen und Lehrern ist Alltag, Lernen, Lehren und Vorbereiten auf den Unterricht zunehmend auch digital geprägt. Besonders im Geographieunterricht spielen hier eine Vielzahl unterschiedlichster Bildsorten (Dokumentation, Landschaftsbild, Karte, Abbildung, Foto, Kunst, Karikatur, …) eine bedeutende Rolle, denn Bilder veranschaulichen geographische Inhalte besonders eindrücklich. Dabei ist es herausfordernd, die unterschiedlichen Inhalte, Intentionen der Bildproduzierenden und auch mögliche Interpretationen der Rezipierenden mitzu­denken. Besonders im Digitalen sind Schnelllebigkeit und Fälschungen große Heraus­forderungen in der Bildarbeit. Im Zuge der Digitalisierung und ihrer Möglichkeiten wird besonders offensichtlich, dass Bilder keine Abbilder der Sache selbst sind. Die allermeisten Bilder werden heute digital hergestellt, bearbeitet, manipuliert. Im Hinblick auf den Geographieunterricht wirft das zentrale Fragen auf:

  1. Wie können wir angesichts der zunehmenden Digitalität unserer Gesellschaft die didaktische Auswahl von Bildern verantwortungsvoll treffen?
  2. Wie lässt sich der Bildeinsatz methodisch sinnvoll rahmen und didaktisch sensibel reflektieren?

Die Fortbildung stellt neue didaktische Umgangsformen mit dem Bild vor: Sie erarbeitet verschiedene Bildzugänge, adressiert Analyseebenen, Postfaktizität, Bildethik, Bild­rechte sowie entsprechende Reflexionsmodi für die Unterrichtsgestaltung. Sie fand im ersten Durchgang im Blended-Learning-Format statt. Das heißt, die Teilnehmenden erarbeiteten die Inhalte in einem Mix aus Präsenz- und Onlinearbeit. Der zweite Durchgang ist ebenfalls im Blended-Learning-Format bzw. vollständig online geplant, dies wird sich nach den Bedarfen der Teilnehmenden entscheiden.

In acht Modulen werden die Inhalte zur digitalen Bildarbeit im Geographieunterricht erarbeitet. Dabei werden klassische Inputs als Text, Audio und Video in Selbstlern­einheiten mit Aufgaben progressiv angelegter Anforderungsniveaus verschränkt, d.h. neben Anwendungs- und Analyse- gibt es auch Reflexions- und Diskussionsaufgaben.  Die Teilnehmenden werden aufgefordert, eigene Unterrichtsentwürfe entlang der Fort­bildungsinhalte zu erstellen, vorzustellen und aspektorientiert zu diskutieren. Durch die gemeinsame fachliche und didaktische Reflexion wird der Bezug zum unterrichtlichen Alltag kontinuierlich gewährleistet.

Abb.: Fortbildungsstruktur: „Digitale Bilder im Geographieunterricht“/ Bildrechte: Juliane Suchy

Module im Überblick:

  • Modul 1 und 2: Didaktische Funktion digitaler Bilder als Einstiegsmedium in einem induktiv angelegten Unterrichtsgang anhand ausgewählter Beispiele
  • Modul 3: Techniken zur Bildanalyse und deren Umsetzung im Unterricht
  • Modul 4: Klassische und moderne Bildsorten und deren didaktische Nutzung (Memes, Visiotype, Warburgs Bilderatlas).
  • Modul 5: Technische Hintergründe digitaler Bilder: Internet, Algorithmen, KI-generierte Bilder, Fake News und Postfaktizität
  • Modul 6: Bildethische Überlegungen und die „gute“ Verwendung digitaler Bilder
  • Modul 7 und 8: Diskussion und Reflexion der Fortbildungsinhalte und des selbst erarbeiteten Unterrichtsbausteins

5 Publikationen und Transfer

Bisher sind vier Publikationen (Artikel und Vorträge) in Bearbeitung, die bis Ende des Jahres zum Abschluss kommen sollen.

6 Forschung

Die Fortbildung kann durch ein Testinstrument von lernen:digital beforscht werden, wenn das Instrument fertig entwickelt ist.Eine eigene Evaluation findet derzeit schon statt.

Außerdem wird die eigene Beforschung der Lehrkräfte­fortbildung in Anlehnung an den Innsbrucker Vignettenansatz (vgl. z.B. Agostini et al. 2023)1 vorbereitet. Die Daten werden im Zuge der Fortbildungs­durchgänge er­hoben und im Anschluss analysiert.

7 weitere Aktivitäten

Die Fortbildungs- und Vernetzungsangebote von lernen:digtal nutzen wir rege. Zudem besuchen wir Fachtagungen (wie z.B. die Neue Kulturgeographie, das Symposium des Hochschulverbands für Geographiedidaktik, Tagung für visuelle Geographie). Mit den fachlichen und didaktischen Inputs der aktuellen Diskurse kann das Endprodukt des Projekts angemessen entwickelt werden: Eine autodidaktische Fortbildung zu „digitalen Bildern im Geographieunterricht“ als Open Educational Resource (OER).


  1. Agostini, E., H. K. Peterlini, J. Donlic, V. Kumpusch, D. Lehner, I. Sandner (2023): Die Vignette als Übung der Wahrnehmung. Zur Professionalisierung pädagogischen Handelns. Opladen: Budrich. ↩︎
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