Projektbeschreibung

Das Ziel des Vorhabens ist die Entwicklung und anwendungsbezogene Beforschung von digitalen Fachkonzepten für die länderübergreifende gesellschaftswissenschaftliche Lehrkräftefortbildung, die im Kontext von offenen Bildungspraktiken in Blended-Learning-Arrangements angeboten werden. Als Referenzrahmen für die digitale Kompetenzentwicklung von Lehrkräften dient der „European Framework for the Digital Competence of Educators“ und für die konzeptionelle Entwicklung der Fachkonzepte das „Frankfurt-Dreieck zur Bildung in der digitalen Welt“.

Abbildung 2: Das Frankfurt-Dreieck*

Um die Ziele zu erreichen, werden an sechs Hochschulstandorten in fünf strukturell unterschiedlichen Bundesländern in Zusammenarbeit mit dem DIPF und den Landesinstituten aus länder- und hochschulübergreifender Perspektive fachdidaktische Standards zur Konfiguration von digitalen Fachkonzepten im Kontext anwendungsfähiger digitaler Lehrkräftefortbildungen formuliert. Unter digitalen Fachkonzepten definieren wir ein durch digitale Medien unterstütztes Lehr- und Lernkonzept im fachkulturellen Umfeld. Der Begriff lässt sich dahingehend konkretisieren, dass digitale Fachkonzepte die Facetten des digitalen Lehrens und Lernens in formalen Bildungskontexten, als begründete Verbindung von Fachlichkeit und Digitalität und in Bezug auf einen konkreten fachlichen Betrachtungsgegenstand, zusammenführen. Damit Lehrkräfte die digitalen Fachkonzepte als einen lohnenswerten Gegenstandsbereich für die eigene Professionalisierung wahrnehmen, werden sie partizipativ in die inhaltliche Entwicklung eingebunden. Hiermit wird das innovative Prinzip der offenen Bildungspraktiken im Verbundprojekt integriert. Zudem findet durch das DIPF und die dort etablierten Infrastrukturen ein bundesweiter kontinuierlicher Transferprozess der Projektergebnisse statt, der auch beforscht wird. Diese Maßnahmen stellen sicher, dass schon während der Projektlaufzeit ein praxis- und evidenzbasierter Ergebnistransfer vollzogen wird. Die Transferierbarkeit und die Erfolgsfaktoren bei der Nutzung und Entwicklung der digitalen Fachkonzepte wird mittels Forschung zur Kompetenzentwicklung von Lehrkräften im Umgang mit digitalen Fachkonzepten (Mikro-Ebene) sowie zu den organisatorisch-technischen Rahmenbedingungen einer praxisbezogenen Implementierung in den Hochschulen und den Landesinstituten (Meso-Ebene) realisiert, um die digitalisierungsbezogenen Fortbildungsangebote evidenzbasiert weiterzuentwickeln.

Projektziele und Forschungsfragen

Zukunftsorientierter gesellschaftswissenschaftlicher Unterricht thematisiert die lebensweltlichen digitalen Infrastrukturen, zum Beispiel die sozialen Medien, und ermöglicht Schüler:innen einen selbstbestimmten und kritischen Umgang mit digitalen Medien. Lehrkräfte müssen deshalb mit entsprechenden Kompetenzen ausgestattet sein, um ihre Schüler:innen auf eine digital souveräne Teilhabe an der Gesellschaft vorzubereiten. Das Ziel von ReTransfer ist daher die Entwicklung und anwendungsbezogene Beforschung von digitalen Fachkonzepten für die länderübergreifende gesellschaftswissenschaftliche Lehrkräftebildung in den Fächern Geographie, Geschichte und Politik. Als thematischer Schwerpunkt wird Digitale Souveränität adressiert. Das Frankfurt-Dreieck zur Bildung in der digitalen Welt bildet den Referenzrahmen für die konzeptionelle Entwicklung der Fachkonzepte. 

Die digitalen Fachkonzepte beschäftigen sich mit aktuellen digitalen Phänomenen und den damit verbundenen Prozessen der gesellschaftlichen Bildung. Dazu gehören zum Beispiel:

  • Gesellschaftskonstruktionen in sozialen Medien
  • Forschendes Lernen mit mobilen Technologien
  • Virtual Reality (VR) als digitaler Erinnerungsraum
  • Digitale Sammlungen und Quellenkritik
  • Digitales Storytelling im Kontext von Nachhaltigkeit
  • Digitale Visualität raumbezogener Konflikte

Lehrkräfte werden im Kontext von offenen Bildungspraktiken partizipativ in die inhaltliche und konzeptionelle Entwicklung der Fortbildungsmodule, die im Blended-Learning-Format angeboten werden, eingebunden. Auf organisatorischer Ebene findet eine Einbindung der Landesinstitute und entsprechenden Ministerien statt, um alle Projektaktivitäten – insbesondere die Fortbildungen – in die bestehenden länderspezifischen Strukturen zu implementieren.

Um Erfolgsfaktoren bei der Nutzung und Entwicklung der digitalen Fachkonzepte sowohl auf der Ebene der Lehrkräfte als auch bei den Rahmenbedingungen in den Hochschulen und Landesinstituten zu identifizieren, wird die Projektumsetzung begleitend erforscht. Auf diese Weise wird eine evidenzbasierte Weiterentwicklung der digitalisierungsbezogenen Fortbildungsangebote sichergestellt. Hierbei werden zwei Fragenkomplexe thematisiert, die sich auf der Mikro-Ebene den Prozessen der Kompetenzentwicklung und auf der Meso-Ebene den organisatorisch-infrastrukturellen Rahmenbedingungen einer institutionen- und länderübergreifenden Lehrkräftebildung widmen.

Auf der Mikro-Ebene konzentrieren wir uns auf Bildungsprozesse im Kontext der Anwendung der digitalen Fachkonzepte, um die Kompetenzentwicklung der Lehrkräfte in ihren Abläufen kausal zu erklären und in ihrer Gestaltung zu optimieren. Hierbei werden folgende Forschungsfragen adressiert:

  1. Über welche Kompetenzen verfügen Lehrkräfte im Bereich digitaler Souveränität in Abhängigkeit von fachlichen, (fach)pädagogischen und technischen Kompetenzen vor und nach der Arbeit mit den digitalen Fachkonzepten?
  2. Welche Einstellungen zur Nutzung digitaler Fachkonzepte und welches Wissen bezüglich der fachdidaktischen Förderung digitaler Souveränität bei Schüler*innen haben gesellschaftswissenschaftliche Lehrkräfte und wie verändern sich diese vor und nach der Arbeit mit den digitalen Fachkonzepten?
  3. Welche Erfolgsfaktoren lassen sich bei der Nutzung und Gestaltung der digitalen Fachkonzepte identifizieren, um die Kompetenzen der Lehrkräfte bzgl. der Förderung der digitalen Souveränität von Schüler*innen nachhaltig zu fördern?

Auf der Meso-Ebene setzen wir uns mit den organisatorisch-infrastrukturellen Rahmenbedingungen der Transferierbarkeit der digitalen Fachkonzepte auseinander. Um eine erfolgreiche Implementation der digitalen Fachkonzepte in der länder- und fachübergreifenden Lehrkräftefortbildung zu gewährleisten, müssen neben fach-, medien- und allgemeindidaktischen sowohl technische, wie auch infrastrukturelle und organisatorische Rahmenbedingungen berücksichtigt werden. Diesbezüglich werden folgende Forschungsfragen adressiert:

4. Wie kann gewährleistet werden, dass die digitalen Fachkonzepte mittels einer offenen Bildungspraxis an den unterschiedlichen Universitätsstandorten unter besonderer Berücksichtigung curricularer, infrastruktureller und organisatorischer Rahmenbedingungen adaptiert werden können?

5. Welche Wirkungsfaktoren und Gelingensbedingungen zur länderübergreifenden Transferierbarkeit lassen sich identifizieren, um digitale Fachkonzepte für gesellschaftswissenschaftliche Bildungsprozesse im deutschsprachigen Raum zu verbreiten?

6. Welche Voraussetzungen digitaler Infrastrukturen lassen sich identifizieren, um digitale Fachkonzepte im Sinne einer Kultur der offenen Bildungspraxis kollaborativ zu entwickeln?

* verändert nach Brinda, T., Brüggen, N., Diethelm, I., Knaus, T., Kommer, S., Kopf, C., Missomelius, P., Leschke, R., Tilemann, F., Weich, A. (2019). Frankfurt-Dreieck zur Bildung in der digital vernetzten Welt – Ein interdisziplinäres Modell. Zeitschrift für Medienpädagogik: Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung 63(4), S. 71.